02/05/2010 Dr. Dominik Faust

Design-Entwicklung als interdisziplinärer Prozess

Von der SWOT-Analyse über die Persona zur Flugzeuglackierung

Design-Entwicklung folgt klaren Prozessen. Das gilt auf jeden Fall für Corporate Design oder Produktdesign. Erst recht in der Luftfahrt. Bevor ein neues Flugzeug in den Farben einer Behörde oder Organisation mit Sonderaufgaben (BOS) oder einer Airline fliegt, erhält es eine Lackierung des Herstellers. Sie ist Teil von dessen Markenkommunikation. Wir von der Agentur DFKOM hatten in den zurückliegenden Monaten den Auftrag, für die Dornier 228 NG (New Generation) ein Marketingkonzept zu entwickeln. Das beinhaltete auch den grafischen Entwurf für die Außenlackierung und die Farbgestaltung des Interieurs. Der Weg dorthin war ein interdisziplinärer Innovationsprozess zur Design-Entwicklung, den wir in diesem Beitrag skizzieren.

1. SWOT-Analyse startet Design-Entwicklung

In einem Kick-off-Workshop analysierten wir zunächst mit Vertretern der Geschäftsführung sowie der Abteilungen Entwicklung, Marketing und Vertrieb die Stärken (inklusive der USPs) und Schwächen, aber auch der Chancen und Risiken des neuen Flugzeugs. Dabei fokussierten wir nicht nur auf technische Aspekte, sondern auch auf Faktoren, die aus unserer Sicht relevant für die Kommunikation sein würden. Außerdem erarbeiteten die Teilnehmer spezifische Merkmale, die für die Entscheidung pro oder contra den Kauf eines solchen Flugzeugtyps maßgeblich sind. Der Vorteil des interdisziplinären Teams: Kollaboration & Input, die deutlich über die jeweiligen Fachgrenzen hinaus gehen.

2. Markenpositionierung

In einem weiteren Workshop mit gleicher interdisziplinärer Besetzung und erneuter Konzeption und Moderation durch die Agentur DFKOM ging es dann wenige Wochen später darum, Positionierungs-Dimensionen zu entwerfen. Grundlage dafür waren die zuvor erarbeiteten Kaufentscheidungs-Parameter sowie das Leitbild und die Werte des Herstellers. Zudem floss die Positionierung des neuen Flugzeugmusters in den internationalen Märkten im Vergleich zu den Mitbewerbern ein. In einem variablen Raum mit Flipchart, Whiteboard etc. clusterten die Teilnehmer ihren Input zu neun Dimensionen. Anschließend formulierten sie für jede Dimension ausführliche Beschreibungen.

3. Persona: Ein Flugzeug ist auch nur ein Mensch

Auf der Basis einer zuvor durchgeführten Analyse der Anspruchsgruppen entwickelten wir gemeinsam mit den Teilnehmern im zweiten Workshop zusätzlich eine Markenpersönlichkeit. Uns ging es darum, dem Produkt menschliche Eigenschaften zuzuordnen, es als einen Menschen zu beschreiben. Dazu bestimmte das interdisziplinäre Team sozio-demographische Merkmale wie dessen Geschlecht, Alter, Beruf, Ausbildung. Ferner schrieben sie der fiktiven Persönlichkeit anhand der Positionierungs-Dimensionen bestimmte Charaktereigenschaften zu. Neben etlichen weiteren Parametern machten sie sich Gedanken über ihren Kleidungsstil und über das Farbspektrum ihrer Kleidung. So entstand die Markenpersönlichkeit.

4.  Ideation: Ableitungen fürs Design

Ausgestattet mit diesen Informationen leitete unsere Grafikabteilung daraus Hinweise für das Produktdesign des neuen Flugzeugs ab. Zunächst entwarf sie mehrere Farbspektren für die Außenlackierung und das Interieur. Die Farbwelt sollte später auch für die digitalen und analogen Marketing-Produkte verwendet werden. Die Entwürfe der Farbspektren mussten sowohl der Persona als auch dem Corporate Design des Herstellers entsprechen.

Außerdem entwarfen wir von der Agentur DFKOM mehrere Vorschläge zur Gestaltung des Schriftzugs des neuen Flugzeugs. Auch darin sollten sich zentrale Dimensionen der Positionierung sowie die Persona widerspiegeln. Im Anschluss daran legten wir dem Kunden die Entwürfe vor. Nach ein paar Iterationsschleifen entschied er sich sowohl für ein Farbspektrum als auch für einen Schriftzug.

5. Rapid Prototyping mittels CAD

Ausgestattet mit diesen Ergebnissen konnte unser Projektpartner Aironart Exterior Aircraft Design digitale Prototypen der Flugzeuglackierung entwerfen. Die Computer Aided Design (CAD) Software ermöglichte gleichsam ein „Rapid Prototyping“. Das Titelbild zeigt die Maschine links in der Prototyp-Lackierung für Interessenten aus der Sparte der BOS (z.B. Küstenwache) und rechts für Interessenten aus der Sparte der Fluggesellschaften.

6. Test der Design-Entwicklung & Umsetzung

Mit Hilfe der digitalen 3D-Modelle konnte der Hersteller testen, wie die verschiedenen Lackierungsentwürfe am neuen Flugzeug aussehen würden. Die Software ermöglichte sowohl Darstellungen der Maschine am Boden als auch in der Luft. Auf dieser Basis entschied sich der Hersteller schließlich für einen Entwurf. In den kommenden Wochen wird die Maschine vor Ort entsprechend lackiert.

design-entwicklung

Grafik: © DFKOM GmbH

Auf der ILA 2010 in Berlin vom 8. bis 13. Juni 2010 soll die neue Maschine präsentiert werden. Sie ist dann ein weiteres Beispiel für die Innovationskraft der Luftfahrtindustrie im Freistaat – ähnlich wie bereits die A380-Wertschöpfung in Bayern.

Titelbild: Screenshot © Aironart

, , , , , , , , , , , , , , ,

Dr. Dominik Faust

Der Autor verbindet operative Change-Leadership-Erfahrung mit hoher Methodenkompetenz sowie zertifizierte Veränderungs-Kompetenz mit multimedialer Storytelling-Expertise. Er verfügt über langjährige Expertise und etliche Zertifikate in Change Leadership, Change Management, digitaler Kommunikation und Facilitation. Als Führungskraft (+70 MA) und Top-Management-Berater hat er bereits zahlreiche Wandelvorhaben erfolgreich initiiert und konzipiert. Dominik promovierte über notwendige Veränderungen internationaler Organisationen zur Steigerung ihrer Effektivität und Effizienz. Auf Basis seiner breiten theoretischen und praktischen Change-Expertise berät er im viadoo-Team erfolgreich Führungskräfte auf C-Level.