18/03/2021 viadoo GmbH

Generationenwechsel als mehrdimensionaler Change

ChangeTALK mit Ute & Gaby Schilling von Schilling Engineering

Für Familienunternehmen stellt der Generationenwechsel einen tiefgreifenden Wandel dar. Besonders herausfordernd wird es, wenn die Unternehmensnachfolge in eine strake Wachstumsphase fällt, wenn sie mit einer tiefgreifenden Maßnahme zur Digitalisierung zusammenfällt und mit einer Pandemie kollidiert. Genau das erlebte der Reinraum-Spezialist Schilling Engineering GmbH aus Baden-Württemberg. Über die Herausforderungen dieses mehrdimensionalen Change sprachen wir mit Ute & Gaby Schilling. Die Geschwister werden das 1998 von ihrem Vater Günther Schilling gegründete Unternehmen demnächst übernehmen. Zum Thema Frauenquote haben sie übrigens auch eine Position.

Dass die eineiigen Zwillinge das Familienunternehmen übernehmen würden, stand nach Abschluss ihres Bachelor-Studiums Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau fest. Sie sattelten noch einen Master-Studium drauf, arbeiteten vier Jahre in anderen Unternehmen und fingen schließlich als Ingenieurinnen im heimischen Betrieb an. Parallel dazu machte der Vater das Unternehmen mit entsprechenden Investitionen fit für die Zukunft. Die ersten beiden der vier Phasen einer Unternehmensnachfolge waren also erfolgreich durchlaufen.

Generationenwechsel bei Wachstumsraten von bis zu 15%

Nach der Optimierung des Geschäfts und der Qualifizierung der Nachfolgerinnen konnte die dritte Phase des Generationenwechsel folgen: die ebenfalls mehrjährige Übergangsphase. Gleich zu Beginn standen alle Beteiligten vor einer besonderen Herausforderung. Denn der Umsatz des Familienunternehmens wuchs seit geraumer Zeit jährlich im Durchschnitt um bis zu 15 Prozent. So wurde ein deutlich größeres Firmengebäude notwendig mit Platz für erst zukünftig benötigte Kapazitäten. Nachdem Ute & Gaby Schilling gegenüber ihrem Vater erklärten, dass sie die Firma im Rahmen eines Generationenwechsel übernehmen würden, gab Günther Schilling 2016 grünes Licht für das perspektivische Bauprojekt.

generationenwechsel

Weil das Familienunternehmen jährlich um bis zu 15 Prozent Umsatzwachstum erzielte, entschloss sich Gründer Günther Schilling 2016, ein deutlich größeres Firmengebäude zu errichten. Foto: © Schilling Engineering GmbH

Schnelles Wachstum als Risiko für Innovations- und Wandelfähigkeit

Durch den deutlich größeren Neubau sollte jedoch eines nicht verloren gehen: der über rund zwei Jahrzehnte gewachsene familiäre Charakter der Unternehmenskultur. Wie bei Start-ups üblich, drückt sich der familiäre Charakter von Firmen unter anderem in kurzen Kommunikationswegen aus. Bei raschem Aufwuchs der Belegschaft leidet meist die interne Kommunikation: Informationen, die man sich im kleinen Kreis quasi zurufen konnte, dringen im großen Team nicht mehr schnell genug durch. Das Wissen von Mitarbeitern fließt nicht mehr oder nicht mehr rechtzeitig in relevante Entscheidungsprozesse ein. Diese verzögern sich, die Innovationsfähigkeit des ganzen Unternehmens leidet. Außerdem scheitern immer mehr Changes, weil die interne Kommunikation als zentrales Erfolgskriterium für Wandelvorhaben gestört ist.

Familie Schilling war sich dieser Risiken bewusst und hat entsprechend reagiert, wie Ute & Gaby Schilling im ChangeTALK berichten. Für das daraus resultierende gute Betriebsklima, aber auch für seine Innovationen (u.a. etliche Patente und Gebrauchsmuster), für das Schaffen von Arbeitsplätzen, den Umweltschutz sowie für soziales und gesellschaftliches Engagement zeichnete die Oskar-Patzelt-Stiftung das Familienunternehmen im vergangenen Jahr mit dem Großen Preis des Mittelstandes und der Ehrenplakette aus.

Digitalisierung über ein firmenweites System-Upgrade

Eine weitere Herausforderung, mit der Ute & Gaby Schilling beim Generationenwechsel in der Geschäftsführung umgehen mussten, war die Digitalisierung. So begleiteten sie die Einführung eines Upgrades für das bestehende Tool zum Planen von Personal, Kapital, Betriebsmittel etc. (Enterprise Resource Planning, ERP). Es ist leicht nachvollziehbar, dass dieses ERP-System-Upgrade das gesamte Unternehmen betraf. Einzelheiten dazu sowie deren Auswirkungen auf die aktuell rund 70 Beschäftigen schildern die beiden im Gespräch mit viadoo-Gründer Dr. Dominik Faust.

Corona als Innovationstreiber: Wie „Windfried“ in die Schule kam

2018 hatte Gründer Günther Schilling seine Töchter Ute und Gaby zu Mitgliedern der Geschäftsleitung berufen. Zwei Jahre später mussten die beiden die Corona-Pandemie bewältigen. Im ersten Lockdown führten sie ein Zwei-Schicht-System ein. Doch anhaltende Probleme etwa bei den Übergaben veranlassten die Schwestern, zusammen mit ihrem Vater und einem Innovationsteam für die zu erwartende nächste Welle eine effektivere Alternative zum Schichtbetrieb zu etablieren. Dazu machte sich der Spezialist für Reinraumtechnik seine Filterexpertise zunutze. Am Ende hatten sie die fahrbare Luftfiltereinheit „Windfried“ (ULPA 15 Filter) entwickelt und statteten damit sowohl die eigenen Büros als auch örtliche Schule aus.

Zwei Frauen über die Frauenquote

Den ChangeTALK mit Ute & Gaby Schilling haben wir einen Tag nach dem Equal-Pay-Day und zwei Tage nach dem Weltfrauentag aufgezeichnet. Klar, dass wir die beiden Frauen auch dazu befragt haben. Die beiden Jungunternehmerinnen agieren nicht aus einem regionalen Oberzentrum heraus, sondern aus dem südlichen Schwarzwald, in unmittelbarer Nähe zur schweizerischen Grenze mit entsprechend höherem Lohnniveau. Die Antwort der Schilling-Schwestern zum Themenkomplex  Frauenquote fällt entsprechend pragmatisch aus:

„In Zeiten des Fachkräftemangels liegt bei uns klar der Fokus auf der Qualität der Bewerber. (…) Da geht es uns tatsächlich rein um die Stelle, und ob die Anforderungen mit der Qualifikation besetzt werden können.“

Hier die Aufzeichnung des kompletten ChangeTALK mit Ute & Gaby Schilling:

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