29/03/2018 Dr. Dominik Faust

Die Gründerszene in Berlin und München

Zwischen Berlin und München herrscht seit Jahren ein intensiver Wettbewerb um die erfolgreichsten Start-ups. Je nachdem, welche Kriterien man anlegt, ist entweder Berlin oder München Spitzenreiter. Wir haben uns einmal angeschaut, wie die öffentliche Hand beider Städte die jeweilige Gründerszene unterstützt.

Gründerszene der Hauptstadt Berlin

Mit jährlich rund 40.000 Gewerbeanmeldungen und mehr als 500 Startup-Gründungen ist Berlin unangefochten Deutschlands Gründerhauptstadt. Knapp 39 Prozent der deutschen Start-ups sind in der Bundeshauptstadt ansässig. Nach Angaben der Berliner Verwaltung hat sich die Stadt in den vergangenen Jahren zum wachstumsstärksten Gründungshub in Deutschland entwickelt. Die Gründe dafür sind

  • vergleichsweise niedrige Büro- und Standortkosten,
  • eine sehr gute Infrastruktur sowie
  • das große Angebot mehrsprachiger Fachkräfte aus aller Welt samt vergleichsweise niedrigen Lebenshaltungskosten.

Besondere Anziehungskraft übt die Gründerszene der Hauptstadt auf Gründer aus der Kreativwirtschaft und der Technologiebranche aus. Berlin kann bundesweit mit Abstand das meiste Risikokapital auf sich ziehen. Mit einem Plus von fast 200 Prozent stieg das Investitionsvolumen von Risikokapital in Berlin in nur einem Jahr (2017) auf fast drei Milliarden Euro. Damit liegt Berlin im europäischen Vergleich nur knapp hinter London auf Platz 2.

Stadt und Land Berlin engagieren sich auf mehreren Ebenen für Startups bzw. Gründer. Die wichtigsten stellen wir nachfolgend vor:

Der Unternehmensservice

Der Unternehmensservice ist ein gemeinsam von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH und den zwölf Berliner Bezirken getragenes Angebot für Unternehmen. Er unterstützt Unternehmen und Investoren bei ihren Expansionen oder Ansiedlungswünschen in Berlin. Als zentrale Anlaufstelle erhalten Gründer dort kompetente Beratung bei der Standort- und Immobiliensuche sowie bei Fragen der Finanzierung und Förderung und der Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter. Der Unternehmensservice bündelt die Leistungen verschiedener Partner-Institutionen. Dazu gehören die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, die Handwerkskammer (HWK), der Liegenschaftsfonds, die Investitionsbank Berlin (IBB), die Technologiestiftung, die Arbeitsagentur sowie die Vereinigung der Unternehmensverbände (UVB).

Plattformen von IHK, HWK und IBB

IHK, HWK, IBB (sie ist die Förderbank des Landes Berlin) und der Wirtschaftssenat haben auch die Plattform Gründen in Berlin geschaffen. Sie soll Gründer bei der Suche nach Informationen, Beratungen und Veranstaltungen in allen Phasen der Existenzgründung bis hin zur Existenzfestigung helfen. Ebenfalls auf eine Initiative von IHK und HWK geht das StarterCenter Berlin zurück. Dabei handelt es sich um eine Plattform, auf der Gründer dabei unterstützt werden, Formalitäten schnell und unbürokratisch online zu erledigen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung fördert auch dieses Projekt.

Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH

In einem in Deutschland bisher einmaligen und wegweisenden Konzept engagieren sich der Berliner Senat sowie mehr als 280 Organisationen im Rahmen einer Public-Private-Partnership in der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH. Die drei Hauptgesellschafter sind die Investitionsbank Berlin (31,5 %), die Technologiestiftung Berlin (30,0 %) und die Partner für Berlin Holding Gesellschaft für Hauptstadt-Marketing mbH (28,0 %). An der letztgenannten Gesellschaft sind 49 Unternehmen aus dem Kreis der ca. 170 Lizenznehmer (der „Berlin-Partner“) als Gesellschafter beteiligt.

Die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH bietet Wirtschafts- und Technologieförderung für Unternehmen, Investoren und Wissenschaftseinrichtungen in Berlin. Zudem verantwortet Berlin Partner das weltweite Marketing für die deutsche Hauptstadt. Rund 30 Wissenschaftseinrichtungen sowie wichtige Verbände und Stiftungen unterstützen die Arbeit der Gesellschaft. Berlin Partner betreibt auch die Plattform Business Location Center mit umfassenden Stadtort- und Brancheninformationen über den Wirtschafts- und Technologiestandort Berlin.

Gründerzentren als Zukunftsorte

Berlin verfügt über zahlreiche Gründerzentren. Mindestens zehn hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe als so genannte Zukunftsorte definiert. An diesen Standorten existieren Netzwerkstrukturen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bzw. sollen geschaffen werden. Seit dem 01. Oktober vergangenen Jahres nimmt die Geschäftsstelle des Wirtschaftssenats die Aufgabe wahr, die Berliner Zukunftsorte zu profilieren.

Businessplan Wettbewerb der IBB

Die Förderbank des Landes Berlin unterstützt Gründer kostenlos mit Seminaren, Webinaren, Workshops und Foren. Hinzu kommen individuelle Beratungen mit Experten der verschiedenen Branchen, zahlreiche Netzwerk-Veranstaltungen zum Auf- bzw. Ausbau eigener Netzwerke sowie der Businessplan-Wettbewerb. Dabei erhalten die Teilnehmer wertvolle Feedbacks und die Möglichkeit auf ein Preisgeld von insgesamt mehr als 50.000 Euro. Der Wettbewerb wird von der IBB, der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) und den Unternehmensverbänden in Berlin und Brandenburg (UVB) organisiert. Schirmherren sind die Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung des Landes Berlin sowie der Minister für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg. In Brandenburg wird das Projekt zusätzlich durch das Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.

Gründerszene der Startup-City München

Spätestens mit der privaten Startup-Konferenz Bits and Pretzels ist München international als Gründerstadt in aller Munde. Hinzu kommt, dass Gründer in München erfolgreicher sind als in Berlin. So bestehen in der bayerischen Landeshauptstadt 94,4 Prozent der Start-ups am Markt. Ein wichtiger Grund hierfür sind die vielen Venture Capitalists und Business Angels. Darüber hinaus existieren auch in München etliche Gründerzentren. Allein im universitären Bereich gibt es etliche Initiativen.

Die Stadt München engagiert sich auf mehreren Ebenen für Start-ups bzw. Gründer. Einige Beispiele stellen wir hier vor:

Münchner Existenzgründungs-Büro (MEB)

In Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern entwickelte das Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München das Münchner Existenzgründungs-Büro (MEB). Persönlich, telefonisch und per Internet bietet das MEB kostenfreie Informationen und Beratungen zu Themen wie Gründungsformalitäten, Businessplan, Wahl der passenden Rechtsformwahl, Überblick über Steuerfragen. Auch Fragen zur private und betriebliche Absicherung aus der Gründerszene werden beantwortet sowie zu Förderangeboten, Finanzierungshilfen, Flächenangeboten und Gründerzentren. Darüber hinaus bietet das MEB regelmäßig Vorträge und Diskussionsrunden an, in denen Interessenten auf Coaches, Personen aus der regionalen Wirtschaft und andere Experten treffen.

MGH – Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft

Die Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrum GmbH (MGH) ist eine Beteiligungsgesellschaft der Landeshauptstadt München, der IHK sowie der Handwerkskammer (HWK) für München und Oberbayern. Zu den Zielen der Gesellschaft gehört die Förderung von Existenzgründern durch den Bau und Betrieb von Gewerbehöfen, in denen die Betriebe optimale Räumlichkeiten vorfinden. Mittlerweile unterhält die MGH sieben Gewerbehöfe, deren kleinteilige Produktionsflächen (ab 40 Quadratmeter) dem traditionellen Handwerk Chancen in attraktiven Stadtlagen bietet. Das ist durchaus notwendig, denn das produzierende Gewerbe bildet in München mit einem Umsatzanteil von 50 Prozent und einem Beschäftigtenanteil von fast 20 Prozent nach wie vor eine tragende Säule dar. Gerade die Mischung aus verarbeitenden und technologie-orientierten Gewerbe und Dienstleistung bildet die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg Münchens.

Münchner Technologiezentrum (MTZ)

Ebenfalls zur MGH gehört das Münchner Technologiezentrum (MTZ). Es unterstützt Existenzgründer und junge Unternehmen aus allen Technologiebereichen, indem es geeignete Flächen bereitstellt und intensives Coaching während der Startphase anbietet. Das MTZ versteht sich als Inkubator für die ersten Gründerjahre sowie als Startrampe für Entwicklungslabors und Fertigungsstätten aller Art im Bereich neuer Technologien. In direkter Nachbarschaft bietet der Technologiepark M-Campus zudem hochwertige Flächenpotenziale für bereits etablierte Technologiefirmen. Im MTZ stehen zur Zeit rund 9.345 m² Büro-, Labor- und Produktionsflächen ab einer Größe von 24 m² zur Verfügung. Die Mietverträge mit variablen Laufzeiten sind speziell auf die Bedürfnisse junger Unternehmen zugeschnitten. Es gibt außerdem fachkundige Beratung und Betreuung zu Gründungs- und Finanzierungsfragen.

About Munich Startup

Ebenfalls unter Beteiligung der Stadt München entstand das offizielle Startup Portal für München namens About Munich Startup. Es entstand im Rahmen der „Entrepreneurship Strategie München“, die von der Stadt, der IHK sowie dem Zusammenschluss der vier Entrepreneurship-Zentren der Münchner Universitäten entwickelt wurde. Träger der Plattform ist die MGH. Ziel der Plattform ist es, München und die Region zur ersten Wahl für wachstumsstarke Jungunternehmen in Europa zu machen. Dazu bietet das Redaktionsteam ständig aktuelle Informationen über die Gründerszene im Großraum München. Das Portal will Gründerinnen und Gründer mit möglichen Partnern, Investoren und Mentoren vernetzen. Alle wichtigen Stakeholder der Münchner Szene wirken hierbei mit.

Freistaat-Förderung: BayStartUP

Die Gründerszene in München profitiert allerdings nicht nur von kommunalen Angeboten, sondern auch von Förderungen durch den Freistaat Bayern. Zentrale Anlaufstelle dafür ist die BayStartUP, die durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie gefördert wird. BayStartUP unterstützt Unternehmer in der Startphase und begleitet sie in den Folgejahren unter anderem mit Businessplan-Wettbewerben, Startup-Messen, Finanzierungen in der Seedphase und später sowie mit Teilnahmen an Delegationsreisen des Wirtschaftsministeriums ins Ausland, um die Internationalisierung junger Unternehmen voran zu bringen.

Update vom 13. Juli 2020:

Einhörner in Berlin und München


Fotos: © Faust / viadoo GmbH

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Dr. Dominik Faust

Der Autor verbindet operative Change-Leadership-Erfahrung mit hoher Methodenkompetenz sowie zertifizierte Veränderungs-Kompetenz mit multimedialer Storytelling-Expertise. Er verfügt über langjährige Expertise und etliche Zertifikate in Change Leadership, Change Management, digitaler Kommunikation und Facilitation. Als Führungskraft (+70 MA) und Top-Management-Berater hat er bereits zahlreiche Wandelvorhaben erfolgreich initiiert und konzipiert. Dominik promovierte über notwendige Veränderungen internationaler Organisationen zur Steigerung ihrer Effektivität und Effizienz. Auf Basis seiner breiten theoretischen und praktischen Change-Expertise berät er im viadoo-Team erfolgreich Führungskräfte auf C-Level.