Seit etwa fünf Jahren suchen etablierte Unternehmen strategische Nähe zu Startups. Dazu legten zunächst Firmen wie Microsoft, SAP, Deutsche Telekom, Allianz, Bayer, Scout24 Accelerator-Programme auf. Es folgten Beschleuniger und Brutkästen der Medienindustrie. Mittlerweile haben auch Unternehmen der größten Industrie des Landes, der Automobilindustrie, Angebote für Startups geschaffen. Ihr Ziel: Innovations- und Kulturtransfer zur Zukunftssicherung. Wir werfen einen Blick auf deutsche Premiumhersteller.
Daimler: Kulturwandel via Startup Autobahn
Als „Bullshit Castle“ und „Festung“ bezeichneten die Vorstände Jürgen Schrempp und sein Nachfolger Dieter Zetsche einmal die Zentrale der Daimler AG in Stuttgart Möhringen. Damit brachten sie zum Ausdruck, wie verkrustet die Strukturen des Weltkonzerns waren und zum Großteil noch sind. Sie passten nicht mehr in eine sich immer schneller drehende und entwickelnde Welt. Insbesondere Dieter Zetsche erkannte bereits vor über zehn Jahren, dass künftig nur jene Unternehmen Erfolg haben würden, die flexibel auf Entwicklungen reagieren, sich agil bewegen und innovationsfähig sein könnten. Teamfähigkeit, Transparenz bei (auch einschneidenden) Entscheidungen, Kommunikation mit allen Stakeholdern, flache Strukturen – diese Faktoren hatte Zetsche bereits als Chrysler-Chef (2000 – 2006) als Garanten für langfristigen Erfolg erkannt.
Dazu wird nicht nur die neue Konzernzentrale im Campus-Stil nach dem Vorbild digitaler Riesen im Silicon Valley beitragen. Vielmehr dient auch die Kooperation mit Startups dazu. So will der Konzern mit seinen rund 285.000 Mitarbeitern eine neue Firmenkultur (Leadership 2020) und agilere Organisationsstrukturen (z. B. interstrukturelle Teams bzw. Schwärme) etablieren. Ein Beispiel dafür ist die im Juli 2016 ins Leben gerufene Startup Autobahn. Dabei handelt es sich um ein Programm, das Startups bzw. ihre Innovationen beschleunigen will – eben wie auf einer Autobahn. Gefördert werden Ideen zu den Themen Internet of Things (IoT), Produktionstechnik, Logistik, ortsbasierte Services, Cyber Security, Biometrie, Sprachverarbeitung, Prozessoptimierung, Kundenerlebnis und Predictive Analytics, die Vorhersagen ermöglichen. Partner sind der Startup-Finanzier Plug & Play aus dem Silicon Valley, die Universität Stuttgart sowie die Kooperations-Plattform Arena 2036. Außerdem sind HPE, DXC, ZF, BASF, Porsche, DPDHL und Webasto beteiligt.
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BMW: Innovationen aus der Startup Garage
Während Daimler voll auf den Inkubator setzt, kooperiert Mitbewerber BMW auf unterschiedlichen Ebenen mit Startups. Bereits 2014 hatten die Bayern zusammen mit dem Zentrum für Innovation und Gründung an der TU München – UnternehmerTUM – die TechFounders ins Leben gerufen. Das Accelerator-Programm unterstützt Tochnologie-Startups im Rahmen einer 20-wöchigen Förderungsphase mit je 25.000 Euro. In dieser Zeit werden sie auf ihre erste Venture-Capital-Phase vorbereitet und dabei unterstützt, Partner für eine strategische Zusammenarbeit zu finden. Darüber hinaus hat der Münchner Autobauer die Venture-Capital-Gesellschaft BMW i Ventures gegründet, die ebenfalls in Startups investiert, die innovative Lösungen für Mobilität in urbanen Räumen entwickeln.
Seit April 2015 nutzt BMW das Potenzial besonders innovativer Startups, indem es deren Ideen als Kunde in Anspruch nimmt. Den Rahmen dafür bietet die so genannte BMW Startup Garage. Anders als der Konzern mit seinen häufig trägen Prozessen soll die neue Schnittstelle schnelle, agile und unkonventionelle Kooperationsmöglichkeiten bieten – wie in einer Werkstatt bzw. Garage eben. Die Verantwortlichen hoffen, dass mit der Startup Garage mehr junge Unternehmen in Kontakt mit dem Hersteller treten und dieser schneller mit ihnen interagieren kann.
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Audi: Neue Ideen aus der Denkfabrik
Seit September 2016 verfügt auch die Audi AG über eine institutionalisierte Schnittstelle zu Startups. Der Hersteller aus Ingolstadt nennt die Einheit, die aus 17 Mitarbeitern verschiedener Geschäftsbereiche des Konzerns besteht, Denkfabrik. Er hat sie rund 500 Kilometer weit von der Konzernzentrale entfernt in Berlin angesiedelt. Und zwar im Betahouse, einem rund 4.000 Quadratmeter großen Co-Working-Space, der ein Mittelpunkt der Berliner Startup-Community darstellt. Das Team der Audi-Denkfabrik soll Wünsche urbaner Kunden identifizieren, neue Geschäftsmodelle identifizieren, den Konzern mit Startups vernetzen und gemeinsam Ideen für die Mobilität der Zukunft entwickeln.
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Jenseit neuer Mobilitätskonzepte und digitaler automobiler Geschäftsmodelle engagiert sich die Audi AG auch im Gesundheitsbereich. So ist sie vor einem Jahr Gründungspartner des Berliner „Flying Health Incubator“ geworden. Dieses Gründerzentrum unterstützt Startups, die digitale Innovationen im Gesundheitsbereich entwickeln. Mit der Beteiligung will Audi den Aufbau des neuen Geschäftsfelds „Automotive Health“ beschleunigen, mit dem Gesundheit und Fitness während der Fahrt positiv beeinflusst werden sollen. Mit „Audi Fit Driver“ erprobt der Hersteller bereits Services und Funktionalitäten in diesem Bereich.
Foto: viadoo / Faust