Tu felix Austria lectita! Du, glückliches Österreich, lies eifrig! Das braucht man den deutschen Nachbarn gar nicht ans Herz legen, denn sie tun es schon. Österreich hat die höchste Zeitungsdichte in der Europäischen Union. Damit das so bleibt, hat der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) in dieser Woche eine Marketing-Aktion zum Ausbau der Markenbindung und Markentreue durchgeführt. Und zwar in Locations, die man getrost als österreichische Institutionen bezeichnen kann, nämlich in rund 90 Wiener Kaffeehäusern. Die Gäste dort finden noch bis morgen ein besonders vielfältiges Angebot in Form von insgesamt 35 Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Magazinen. Außerdem organisierte der Verlegerverband drei hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen, um die Debattenkultur zu pflegen, wie es heißt. Andreas Csar, Pressesprecher des VÖZ, erläuterte gegenüber viadoo die innovative Aktion:
viadoo: Herr Csar, der VÖZ macht Werbung in Wiener Kaffeehäusern für die Print-Produkte der österreichischen Verlage. Was kann mit dieser Aktion erzielt werden?
Csar: Österreich hat im internationalen Vergleich eine Sonderstellung: Laut World Press Trends des Weltzeitungsverbandes gehören wir in puncto Reichweite zu den größten Zeitungsnationen der Welt. Sieben von zehn Österreichern konsumieren regelmäßig eine Tageszeitung. Nur Zeitungen in Japan, Guatemala, der Schweiz, Costa Rica und Kuwait haben höhere Reichweiten. Darüber hinaus stellte das renommierte Reuters Institute bei einem Vergleich der Mediennutzung von 18 Staaten fest, dass Zeitungen und Magazine nirgendwo so beliebt sind wie in Österreich. 67 Prozent der Befragten gaben bei der Erhebung an, in der vergangenen Woche eine gedruckte Zeitung gelesen zu haben. Kein anderes Land erreichte auch nur einen annähernd hohen Wert. Diese starke Position unserer Mitgliedsmedien im heimischen Markt wollen wir mit dieser Aktion stärken. Wir sind dazu eine Allianz mit den Kaffeehäusern eingegangen, weil sie hierzulande eine Institution sind. Dorthin kommen Menschen, um sich in angenehmer Atmosphäre bei einer Melange zu informieren und auszutauschen. Das tun sie, indem sie sich mit anderen treffen oder Zeitungen lesen. In diesem Sinne haben wir mit unserer Aktion eine Plattform der Debatte zwischen Lesern und Medienmachern geschaffen.
viadoo: Aber erreichen Sie damit auch die jungen Menschen, die Digital Natives, die immer seltener gedruckte Produkte nutzen?
Csar: Die Frage stellen wir uns natürlich ständig. Denn unsere Verlage müssen nicht nur ihre bestehenden Kundenbeziehungen pflegen, sondern wollen mit attraktiven Angeboten neue, jüngere Zielgruppen erschließen. Dazu brauchen wir unsere Kaffeehaus-Aktion allerdings nicht zwingend auf Lokalketten ausdehnen, wo Kaffee nur im Pappbecher serviert wird. Denn Kaffeehäuser werden in Österreich auch gerne von jungen Menschen genutzt. Das liegt daran, dass es neben den traditionsreichen Einrichtungen für die mittlere und ältere Generation auch zahlreiche Cafés für die jüngere Zielgruppe gibt. Diese Locations werden wir in Zukunft in der Tat vielleicht noch stärker einbinden.
viadoo: Sie haben auf Twitter den mitreißenden Hashtag #printfetzt verwendet. Konnten Sie mit der heurigen Aktion auch junge Leser ansprechen?
Csar: Ja, bislang kamen auch junge Leute zu den Diskussionen mit den Redakteuren – obwohl der Schwerpunkt ganz klar auf Print lag. So erklärt sich eben auch der Hashtag #printfetzt, mit dem wir die Aktion erstmals in den sozialen Medien beworben haben. Aus dem Besucherinteresse lässt sich also schließen: Jung und Printaffin schließt sich keinesfalls aus. Die Reaktionen auf Twitter und Facebook haben uns gezeigt, dass dieser Ansatz durchaus von den jungen Leuten angenommen wurde, die man nicht auf den ersten Blick verdächtigt Zeitungsabonnementen zu sein. Doch dies ist nicht verwunderlich, denn die starken Medienmarken in Österreich sind auch jungen Menschen im Web eine verlässliche Informationsquelle.
viadoo: Wird es im nächsten Jahr die „3. Woche des Zeitungslesens in Wiener Kaffeehäusern“ geben?
Csar: Unsere diesjährige Aktion läuft noch bis morgen. Dann werden wir die Ergebnisse auswerten und entscheiden, was wir tun werden. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass wir das Konzept auch 2017 weiterentwickeln. Denn in Österreich haben Zeitungen und Kaffeehäuser eine stabile Partnerschaft auch für die Zukunft geschlossen.
viadoo: Herr Csar, haben Sie vielen Dank für das Interview.
Foto: Katharina Schrenk, VÖZ