30/07/2010 viadoo GmbH

Michael Praetorius vom Vodcast »Isarrunde«

Im Dialog mit … Eine Interviewreihe der Agentur DFKOM

Michael Praetrorius von der »Isarrunde« entwickelt mit seinem Unternehmen NOEO Online-Strategien, Webanwendungen für Online-Inhalte sowie Social Media Konzepte. Er war bisher als Dozent an der Bayerischen Akademie für Werbung, der Fachhochschule für angewandtes Management in Erding und dem Aus- und Fortbildungskanal München aktiv. Praetorius ist langjährig als Journalist für Hörfunk, TV- und Online-Medien tätig. Zudem agiert er als Video-Blogger und produziert den Münchner Medien-Talk Isarrunde, zu der wir ihn während seines Besuchs bei DFKOM interviewt haben. Die Isarrunde ist eine Gesprächsrunde von Münchner Medienschaffenden, die sich über digitale Entwicklungen und ihren Einfluss auf unser tägliches Leben auseinandersetzen.

Talkrunde aus einem Münchner Frühstückscafé

DFKOM: Was war die Inspiration zur Gründung der Isarrunde und was hat sich seither und mit zunehmender Fangemeinde verändert?

Michael Praetorius: Jeder kann heute sein eigener TV-Sender sein, Online-Angebote wie YouTube, Vimeo, Sevenload oder iTunes ermöglichen es Jedem, sich seine eigenen Zuschauer zu suchen. Ich wollte als Radio- und TV-Journalist der „alten Medien“ diesen Beweis selbst antreten. Ziel war es eine Sendung zu produzieren, die nicht viele Zuschauer erreicht, sondern ein ganz spitzes Publikum. Zudem wollte ich herausfinden, welcher Aufwand und welches Equipment notwendig sind, um in möglichst kurzer Zeit eine Talksendung in HD-Auflösung und exzellenten Gesprächen zu produzieren. Gestartet sind wir dann mit einer 20-minütigen wöchentlichen Talkrunde aus einem Münchner Frühstückscafe.

Die Isarrunde hat seit der ersten Sendesekunde ausschließlich das Social Web genutzt, um Reichweite zu suchen und neue Zuschauer zu finden. Wir haben via Twitter, Facebook und YouTube viel Feedback bekommen und auch einen sehr detaillierten Blick auf die Zahlen geworfen. Aus beidem haben wir das Format immer weiterentwickelt. Sie sind die Folgen heute viel kürzer, die Bild- und Tonqualität sind heute auf TV-Sender-Niveau und viele Themenvorschläge kommen aus unserer Fangemeinde.

Jeff Jarvis zu Gast bei Michael Praetorius

DFKOM: Wer kann eigentlich an Ihrer Gesprächsrunde teilnehmen und nach welchen Kriterien wählen Sie und Ihre Co-Moderatoren die Gesprächsthemen aus?

Michael Praetorius: Unsere Sendungen haben keinen Anfang und kein Ende. Wir greifen Themen aus Blogs oder via Twitter und Facebook auf, die uns gesendet werden, diskutieren darüber und spielen den Ball wieder zurück an unsere Zuschauer. Unsere Folgen stellen wir so online, dass jeder sie bei sich in seinem Blog einbinden und seine eigene Meinung ergänzen kann. Wir promoten dann am liebsten statt unserem eigenen Kanal die Websites oder Tweets unserer Zuschauer. So geben wir diesen einen Teil unserer Reichweite ab. Videoantworten von Zuschauern bei YouTube, Blogkommentare oder uns embeddende Websites werden damit zu einem wesentlichen Teil der Isarrunde.

Zum festen regelmäßigen Team der Isarrunde gehören Journalisten, Unternehmer und Wissenschaftler. Heute zählen zum harten Kern der WebTV-Sendung Michael Reuter, Christoph Elzer, Anatol Locker, Benedikt Köhler und ich. Diese vertreten in der Isarrunde aber niemals ihren Arbeitgeber oder Unternehmen, sondern immer nur sich selbst als Person. Pro Episode sind es abwechselnd drei von uns, die sich ein Thema vornehmen. Wenn wir mal Gäste hatten, dann standen diese immer für eine große Veränderung im Web und einen vollen Terminkalender. So hatten wir neben dem Buchautoren Jeff Jarvis beispielsweise den Mozilla-Firefox Vordenker David Asher oder den New Yorker Matt Stinchcomb von der Bastelplattform Etsy zu Gast.

25.000 Videoaufrufe mit Interaktionen der Zuschauer

DFKOM: Die Zahl der Isarrunde-Zuschauer und Fans steigt anhaltend. Ist das ein Selbstläufer oder steht dahinter eine Social Media Strategie?

Michael Praetorius: Gestartet sind wir mit 40-100 Zuschauern pro Woche. Nach zehn Monaten hatten wir insgesamt 25.0000 Videoaufrufe in der Isarrunde. Alle Videos und die begleitenden Manuskripte in Blogs sind Suchmaschinen-optimiert und so aufbereitet, dass sie andere Nutzer zur Interaktion einladen. Dies ist Teil der Strategie und sorgt dafür, dass sich unsere Videos nachhaltig auch selbst weiterverbreiten. Wir nutzen aber natürlich auch das Social Web ganz massiv als Brandbeschleuniger. So setzten wir bewusst via Facebook, Twitter oder Social Bookmarkdienste Peaks auf die einzelnen Episoden. Alle Isarrunden sind übrigens so produziert, dass sie keine befristete Aktualität haben, sondern auch nach einem halben Jahr noch relevant sind. Dies ist die größte Schwierigkeit in der Themenfindung.

DFKOM: Was raten Sie Gleichgesinnten, die ein Podcast-Format wie die Isarrunde mit Hilfe von Social Media etablieren wollen und vor welchen Fehlern würden Sie sie warnen?

Michael Praetorius: Die Erfolgsfaktoren für ein solches Format sind Beständigkeit, Zeitlosigkeit, Qualität und Interaktion. Wir arbeiten zu fünft in einem Team, das es bisher geschafft hat, wöchentlich eine nahezu gleichbleibende oder besser werdende Qualität zu produzieren. Der Anspruch ist dabei sehr hoch. Auch wenn wir unsere Inhalte für ein sehr schnelles und echtzeitiges Medium produzieren, entstehen die Isarrunden sehr langsam und sorgfältig. Zudem reifen Sie über Monate wie ein Wein oder Käse. Erst die spätere Interaktion mit den Nutzern sorgt für die besondere Note.

DFKOM: Würde die Isarrunde auch im TV 1.0 funktionieren?

Michael Praetorius: Natürlich, TV ist sehr viel interaktiver geworden. Private wie öffentlich-rechtliche Sender verstehen es teils hervorragend das Web als Rückkanal zu verwenden. Nur auf TV zu setzen und das Web ganz außer Acht zu lassen fände ich unpassend. Aber eine zeitgemäße Verbindung zwischen TV und Online kann ich mir sehr gut vorstellen.

DFKOM: Wo sehen Sie die Isarrunde in 2020?

Michael Praetorius: Bei YouTube als Classics, wie Menschen in der Vergangenheit die Zukunft gesehen haben.

Herr Prateorius, haben Sie vielen Dank für das Interview!

Foto: © DFKOM GmbH

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