Mitarbeitergespräche im Jahresrhythmus waren früher sinnvoll und notwendig. Heute sind sie anachronistisch. Der Grund: Die Einheit „Jahr“ als überschau- und planbarer Zeitraum für die Kommunikation mit Mitarbeitenden passt buchstäblich nicht mehr in die Zeit. Die ist nämlich geprägt von einer hohen Dynamik. Zu diesem Thema wurde die Changeberatung viadoo von der Redaktion des Magazins der IHK München und Oberbayern um eine Position gebeten. Sie ist in der aktuellen Ausgabe des Heftes erschienen.
Nach unserer Überzeugung sind Mitarbeitergespräche im Jahresrhythmus deshalb anachronistisch, weil sich die VUKA-Welt viel schneller dreht als früher. Die Situation von Unternehmen und Beschäftigten ist geprägt von immer schneller aufeinander folgenden Changes. Von immer kürzeren Zyklen in Entwicklung, Produktion, Aftersales. Hinzu kommen immer kurz- bis mittelfristigere Ziele.
Flachere Hierarchien, schrumpfende Autoritäten und sinkende Bedeutung von Arbeit als etwas Sinnstiftendes kommen hinzu. Immer häufiger gibt es selbst organisierende Teams, höhere Fluktuationen und neue Arbeitszeitmodelle. Prägend sind außerdem neue Formen der Kollaboration und Kooperation. So zum Beispiel häufigere, dafür kürzere Meetings etwa in Form regelmäßiger Stand-ups inklusive der agilen Methode Timeboxing. Das alles sind Aspekte von „New Work“ und beinhalten entsprechende Herausforderungen für Führungskräfte.
Mitarbeitergespräche im Jahresrhythmus nicht mehr SMART
Gilt das auch für Unternehmen, die (noch) nicht so agil sind? Und die und diese und andere Elemente der Arbeitswelt 4.0 nicht in ihre Prozesse und Strukturen integriert haben? Ja! Aus unserer Erfahrung als Changeberater wissen wir, dass selbst in primär hierarchisch organisierten Unternehmen Mitarbeitergespräche mittlerweile in höheren Frequenzen stattfinden. Etwa in Form von Vierteljahresgesprächen.
Denn auch diese Firmen haben erkannt, dass ein auf zwölf Monate angelegtes „Management by Objectives“ (MbO) im Zeitalter rapider Innovationen & Veränderungen im Grunde nicht mehr SMART (Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminierbar) ist. Das gilt erst recht für Startups und agile Unternehmen, die auf neue Formen der Beteiligung setzen. Dort wählen sich Teams zum Beispiel eigene kurz- bis mittelfristige (ambitionierte!) Ziele und Meilensteine. Klar, dass diese „Objectives & Key Results“ (OKR) dann auch in kürzeren Zeiträumen evaluiert werden müssen, wie etwa das Beispiel von myMüsli zeigt.
Betriebsvereinbarungen passen nicht mehr in die Zeit
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Mitarbeitergespräche als Mittel effektiver Personal-Entwicklung, -Führung und -Motivation sind essenziell. Doch nicht immer passen die dazugehörigen HR-Prozesse (Schulungen, Leitfäden, Betriebsvereinbarungen etc.) samt der darin enthaltenen Vorlagen und Fristen noch in die Zeit. Unternehmen, die ihre Kultur, ihre Prozesse und Strukturen den Herausforderungen des digitalen Wandels anpassen möchten, sei daher auch eine Überprüfung dieser Prozesse empfohlen. Denn das eine kann nicht ohne das andere gelingen.
Fotos: Aktuelle Ausgabe des Magazins der IHK München und Oberbayern