Führungskräfte sollen sich wählen lassen, ihren Teams größtmögliche Eigenständigkeit gewähren und sowohl kompetent als auch warmherzig sein. Die Veränderungen in der Arbeitswelt (New Work) halten etliche neue Herausforderungen zum Thema Leadership bereit. Im Rahmen einer Dialog-Workshop-Reihe für die rund 700 Führungskräfte eines unserer Mandanten kam uns in den vergangenen Wochen die Aufgabe zu, an den Workshop-Tagen die Keynote über Leadership in Zeiten von New Work zu halten. Dazu entführten wir die Zuhörer jeweils auf eine Reise durch die beinahe unendlichen Weiten des „New Work Space“.
Neu ist „New Work“ bekanntlich nicht. Schon in den 80er Jahren prägte ihn der österreichische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann in den USA. Er versteht darunter nach eigenen Angaben zum einen die gemeinschaftliche, lokale Produktion mit neuen Technologien auf kleinem Raum. Zum anderen bedeutet New Work für ihn Arbeit, die die Menschen als ihre Berufung erfahren. Nach seinem Verständnis würde sich daraus auch eine neue Kultur ableiten lassen:
„Diese neue Kultur wird viel intelligenter sein (weit weniger verschwenderisch), viel menschlicher (mit wesentlich weniger Armut als heute) und auch fröhlicher (weil viel mehr Menschen eine Arbeit tun, die sie wirklich tun wollen – die im Idealfall sogar ihre Berufung ist).“
Heutzutage wird der Begriff New Work weit weniger philosophisch als viel mehr pragmatisch verstanden. Unter ihn subsumieren wir unter anderem Formen von Kollaboration und Leadership sowie ihre räumlichen und organisatonsstrukturellen Rahmenbedingungen.
Neue Entwicklungen in der Arbeitswelt
Co-Working, Homeoffice, Job- und Top-Sharing
Dass die Digitalisierung mehr ist als eine Summe von Binärcodes, haben wir bereits dargelegt. In ihrer technischen Ausprägung bietet sie jedoch etliche neue Optionen für Arbeitnehmer. Viele Tätigkeiten sind nicht mehr an einen Ort gebunden. Co-Working-Spaces erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Für Homeoffices gibt es nach Informationen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ein Potenzial von 40 Prozent aller Jobs in Deutschland. Doch lediglich zwölf Prozent arbeiten hierzulande tatsächlich von zuhause aus. Digitale Technologien ermöglichen außerdem Job-Sharing, wodurch mehr Zeit für andere Dinge im Leben bleibt. Startups wie Tandemploy machen sich diesen Trend zunutze. Sogar Top-Sharing wird Realität, also das Teilen von Spitzenpositionen wie unter anderem das Beispiel Unilever zeigt.
Work-Life-Ballance, Autorität, Augenhöhe
Ein Weiteres kommt hinzu: Immer mehr Menschen stellen die persönliche Selbstverwirklichung über ihre Erfolge im Beruf. Das hat nicht nur die bereits erwähnten Auswirkungen auf die Zeit, die sie bereit sind, einem Unternehmen zur Verfügung zu stellen (Teilzeit etc.). Vielmehr wirkt sich das auch auf die Anerkennung von Führungskräften als Autoritätspersonen aus. Menschen erkennen immer häufiger, dass in der VUKA/VUCA-Welt eine Führungskraft nicht länger der omnipotente Wissensträger ist. Sie erwarten einen Umgang auf Augenhöhe, weshalb etwa Lynsi Snyder, CEO der US-Burger-Kette IN-N-OUT, ihre Mitarbeiter „Associates“ nennt. Sie verleiht ihnen damit den Status von Partnern.
Servant Leadership, agile Organisationen, Unbossing
Viele von ihnen wünschen sich zudem eine Führungskraft, die lediglich die Rahmenbedingungen für eigenverantwortliches Arbeiten sicherstellt („Servant Leadership“). Ansonsten soll sie Gleiche unter Gleichen sein. Agile Organisationen mit flachen Hierarchien und crossfunktionalen Teams zu gliedern, ist ein Versuch, diesem Streben Rechnung zu tragen. Diese Philosophie weitergedacht, ergibt Unternehmen, deren Belegschaft ihre Führungskräfte für eine bestimmte Zeit wählt – selbst den CEO.
New Work fordert Führungskräfte heraus
Führungskräfte stehen also zunehmend vor der Herausforderung, Teams zusammenhalten zu müssen, deren Mitglieder unter der Woche überall verstreut sind. Vertriebsabteilungen kennen dieses Phänomen. Das bedeutet auch, dass sie ihre Anstrengungen erhöhen müssen, die Loyalität ihrer Teammitglieder zu erhalten bzw. auszubauen. Denn die Bindung zu einem Unternehmen lässt immer mehr nach, häufige Jobwechsel werden zur Regel. Schnelle Recruitment- und Onboarding-Prozesse müssen daraus folgen. Auch das Gehalt spielt immer seltener die entscheidende Rolle. Vielmehr gewinnen Zusatzleistungen wie beispielsweise Transfers via Flugtaxi zum Arbeitsplatz (als Zukunftsvision) an Bedeutung.
Außerdem sollten sich Führungskräfte von der Vorstellung lösen, dass ihre Beschäftigten nur dann Leistungen erbringen, wenn sie in der Zentrale oder Filiale anwesend sind. Dies wiederum gelingt nur, wenn sie ihren Mitarbeitern Vertrauen entgegen bringen. Und natürlich bedarf es einer engmaschigen Kommunikation und damit des selbstverständlichen Einsatzes entsprechender Tools wie Slack oder Zoom. Hinzu kommen Herausforderungen rund um das Thema Diversität, also etwa die Führung internationaler Teams oder die Führung von Mitarbeitern aus bis zu vier verschiedenen Generationen.
Menschlichkeit bleibt der Schlüssel zum Erfolg
Auch wenn sich in der neuen Arbeitswelt vieles ändert, eines bleibt bestehen: Ohne Vertrauen zwischen den Beschäftigten sowie zwischen ihnen und ihren Führungskräften funktioniert Leadership nicht. Dieser Sachverhalt ist in der DNA des Menschen angelegt. Denn Sicherheit ist eines unserer biologischen Grundbedürfnisse, und Vertrautes setzt bei uns Opiate frei. Das Vertrauen ihrer Teams gewinnen Führungskräfte in der Regel durch ihr Reden und Handeln. Kommunikation spielt daher eine zentrale Rolle. Dabei geht es nicht (nur) um einseitige Information, sondern um wechselseitige Dialoge.
Effektive Kommunikation reichert nüchterne Fakten mit Emotionen an. Man nennt dies seit Jahrhunderten Geschichtenerzählen. Wie wichtig Storytelling für die Kommunikation ist, haben wir in diesem Blog bereits ausführlich dargelegt. Geschichten bilden im Gehirn mehr Synapsen als reine Fakten. Verpackt in Stories, bleiben Informationen nachhaltiger haften. In der Kommunikation von Führungskräften und in Teams spielt Storytelling eine zentrale Rolle. Zusätzlich können agile Methoden wie Standups und Timeboxing die Wirksamkeit des Austausches zwischen Beschäftigten erhöhen.
Wir von der Changeberatung viadoo sind auf agile und narrative Methoden spezialisiert und nutzen sie, um Unternehmen bei der Herstellung von Vertrauen tatkräftig zu begleiten. Das gilt auch für die Konzeption von Newsrooms bzw. für die Vorbereitung auf die Kommunikation 4.0.
Titelbild: © Flughafen München GmbH / Stephan Görlich 2019