Die “grüne Hölle” des ZDF auf dem Lerchenberg in Mainz ist ein journalistisches Heiligtum. Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer kennen es von täglichen Sendungen wie „heute“ und „heute Journal„. Doch in das rund 700 Quadratmeter große Studio, von dessen Decke etwa 300 computergesteuerte Scheinwerfer ragen, kommen nur wenige Menschen. Wir hatten kürzlich diese seltene Gelegenheit. Der Umbau dauerte vier Jahre und kostete etwa 30 Millionen Euro. 2009 ging das Studio in Betrieb, 2012 folgte der neu gebaute crossmediale Newsroom. Dort entstehen die Nachrichten und Grafiken, die die Moderatorinnen und Moderatoren in der „grünen Hölle“ mehrmals täglich präsentieren. Gesehen werden die Nachrichten übrigens primär von den vier sozial gehobenen Sinus-Milieus (vgl. dazu unseren Blogpost Dschungelcamp & Co. in den zehn Sinus-Milieus).
„Karmener Kreuz“ aus Nussbaumholz
Ins Nachrichtenstudio N1, wie die „grüne Hölle“ des ZDF offiziell heißt, kommt man nur mit einem speziellen Ausweis. Seinen inoffiziellen Hölle-Namen verdankt es der für die Bildfreistellung notwendigen grünen Farbe an Wänden und am Boden. Bekannt ist auch der elf Meter lange, 3-achsige Moderatorentisch aus Nussbaumholz und Acrylglas (interne Bezeichnung “Karmener Kreuz”). Die drei Achsen teilen das Studio in einen „Dialog-Flügel“, eine „Talk-Ecke“ oder einen „Erklär-Raum“. Zwei Roboter, deren baugleiche Brüder am Bau der S-Klasse eingesetzt gewesen sein sollen, sind mit Kameras bestückt. Mikrochips im Boden und ein lokales Positionierungssystem steuern sie.
Dieser Newsroom ist ein Highway
Damit Claus Kleber und Gundula Gause, Marietta Slomka und Heinz Wolf, Petra Gerster, Matthias Fornoff und die anderen Moderatoren und Nachrichtensprecher eine perfekte Sendung abliefern, benötigen sie ein gutes Team im Hintergrund. Dazu gehören die Redakteurinnen und Redakteure des Newsrooms, die unter dem Leitsatz „Alles, was Sie heute angeht“ denken und arbeiten. Sie wollen so schnell sein, dass sie nicht (wie international üblich) vom Newsroom sprechen, sondern vom News-Highway.
Auf dieser 460 Quadratmeter großen, halbrunden Teamfläche mit zahlreichen Arbeitsplätzen erarbeiten die Redakteurinnen und Redakteure zentral Themen für den Themenpool, aus dem alle Redaktionen schöpfen können. Sendungsbezogen wird nicht mehr gearbeitet. Im News-Highway sind die Redaktionen von „heute“, „heute journal“, „heute nacht“ sowie der medienübergreifende Newsroom von heute.de untergebracht. Pro Schichten arbeiten hier bis zu 50 Redakteure. Vom News-Highway gelangen die Beiträge dann in den Regieraum des Studios N1.
Kommandozentrale und „grüne Hölle“ des ZDF
Ebenso wichtig für den Erfolg einer Sendung sind die Kollegen im Regieraum neben der “grünen Hölle”. Markantes Merkmal dieser Kommandozentrale ist eine große Monitorwand, die sich Dank zahlreicher, im Hintergrund montierter Beamer in beliebig große oder kleine Bildschirmeinheiten unterteilen lässt. Zu sehen sind: Uhren, Vorschauen auf Filmberichte (heute noch MAZ genannt, auch wenn keine Magnetbänder mehr im Spiel sind) oder Nachrichten im Film (NiF), Schalten ins Studio (wo die Moderatorin oder der Moderator eventuell gerade geschminkt werden), Bilder vom laufenden Programm, Livestreams anderer Sender (z.B. CNN), Texte des Teleprompters. Auch die Bilder der fünf Kameras im Studio werden auf die Großbildwand übertragen. Vor und während einer Sendung sind die Verantwortlichen für Ton, Licht, MAZen, Kameras, Regie hoch konzentriert. Danach gibt es ein Debriefing, damit die Dinge beim nächsten Mal gegebenenfalls noch optimaler laufen.
Was man im Regieraum nicht sofort sieht, sind die Computer für die Animation der 3D-Grafiken. Nur wegen ihrer Rechnerleistung ist es möglich, dass im Studio virtuelle Kulissen erscheinen, die sich den Kamerabewegungen und damit der sich ändernden Perspektive des Zuschauers anpassen. Das kann man etwa jeden Abend ab 21:45 Uhr beobachten, wenn Claus Kleber oder Marietta Slomka in den so genannten virtuellen Erklär-Raum treten (am linken hinteren Tischflügel). Übrigens: Damit es zu keinen Ausfällen der Computer kommt, gibt es für jeden Rechner ein Ersatz- oder Havarie-System. Sogar ein Havarie-Studio existiert auf dem Gelände. Und für alle Fälle haben die Techniker im Regieraum einen Notausknopf eingebaut. Auf dessen Einsatz können jedoch sowohl die Verantwortlichen als auch die Zuschauer gerne verzichten.
Fotos: © Faust